Die umfriedeten Kirchhöfe der Bretagne: „enclos paroissiaux“

Eine Besonderheit des Finistère
Diese Kirchhöfe sind in Frankreich einzigartig. Sie bestehen aus Kirche, Umfassungsmauer (enclos), Monumentaltor oder Triumphbogen, Kalvarienberg und Beinhaus.
Die meisten bretonischen „enclos paroissiaux“ befinden sich im Norden und in der Mitte des Finistère.
Erbaut wurden sie im 16. Jh., dem „goldenen Zeitalter“ der Bretagne. Der blühende Seehandel und der Hanf- und Flachsanbau bescherten der Region damals einen Wirtschaftsboom. Tuch aus der Bretagne wurde nach ganz Europa ausgeführt. So begann der Bau der kunstvollen Kirchhöfe, der bis ins 17. Jh. dauerte.
Diese Anlagen zeugen von einer echten künstlerischen Tradition im Dienste des Glaubens; sie waren Ausdruck der Verwurzelung einer Gemeinde in ihrer Geschichte und Kultur. Als Symbole der Zusammengehörigkeit erfüllten die „enclos paroissiaux“ eine religiöse, aber auch eine gesellschaftliche Funktion: Hier kamen die gewählten Ratsherren zusammen, Vorläufer der heutigen Gemeinderäte.
Es begann ein Wettstreit der Gemeinden untereinander; jede wollte den schönsten Kirchhof haben! Dazu holte man unzählige Handwerker und Künstler in die Region: Baumeister, Bildhauer, Glaskünstler, Schreiner, Maler und viele andere, die Stein und Holz in Kunstwerke verwandelten.
Die Standbilder, Deckenbalken und Retabel geben viele Einzelheiten preis über die Menschen, die sie in Auftrag gegeben, und jene, die sie geschaffen haben; man muss nur richtig hinsehen...
Ein architektonisches Ensemble
Die Umfassungsmauer
Sie bezeichnet Grenze und Übergang zwischen dem weltlichen und dem kirchlichen Bereich, der Welt der Lebenden und dem Reich der Toten. Diesen Übergang hat häufig die Form eines Triumphportal.
Sizun, Commana, La Martyre
Der Kalvarienberg
Wie in einem steinernen Bilderbuch werden auf den Kalvarienbergen, zu denen bis zu zweihundert Figuren gehören können, verschiedene Episoden aus dem Leben Christi und der Apostel dargestellt. Damit kam diesen Steinbildern bei der Bauernbevölkerung, die weder lesen noch schreiben konnte, eine wichtige pädagogische Bedeutung zu. Nicht selten sind auch Legenden abgebildet, in denen häufig der Teufel eine Rolle spielt.
Pleyben und Guimiliau
Das Beinhaus
Hier wurden die Gebeine gelagert, wenn in der Kirche kein Platz mehr für neue Bestattungen war. Später kamen auch die Gebeine aus dem Friedhof innerhalb der Umfriedungsmauer dazu, wenn es dort zu eng wurde. An der Fassade des Beinhauses stehen häufig Gedenksprüche über den Übergang vom Leben zum Tod.
La Roche-Maurice
Die Kirche
Ihre eindrucksvolle Größe zeugt vom Eifer der Gemeinde, den Wettbewerb um den schönsten Kirchhof zu gewinnen. Die majestätischen Kirchtürme, das kunstvoll verzierte Portal, die geschnitzten Deckenbalken, die Details der Glasfenster und die Verzierungen im Innenraum: Retabel, Chor, Gestühl, Orgel... jedes der unzähligen Elemente erzählt auf seine Art vom Können der Baumeister im Dienste der Geschichte.
Plougonven, Pleyben, Commana und Lampaul
Lassen Sie sich führen
Es werden geführt Besichtigungen angeboten, welche dem Besucher die Geschichte(n) dieser Kirchhöfe näherbringen.
- La Sprev (Sauvegarde du Patrimoine Religieux En Vie)
www.sprev.org. - L’Apeve (Association pour la Promotion des Enclos Paroissiaux de la Vallée de l'Élorn)
www.apeve.net - Lin et chanvre de Bretagne
www.linchanvrebretagne.org - L’association des sept calvaires monumentaux de Bretagne
www.7calvaires.fr
Themenstrecke „Route des enclos paroissiaux“
Diese Fahrten führen zu einem Großteil der „enclos paroissiaux“ des Finistère. Zwischen Rade de Brest, Monts d'Arrée und Bucht von Morlaix gibt es drei davon.
- Landerneau 55 km. Der Weg führt durch das Elorn-Tal, wo der graue Kersanton-Granit sich mit dem gelben Stein aus Logonna mischt. (Audioguide-Führung)
- Landivisiau: 90 km. Die Strecke führt in Nord-Südrichtung von den Monts d'Arrée bis ins Herz der Region Léon.
- Morlaix: 70 km. Dieser Weg führt bis Plougonven, wo sich einer der größten und ältesten Kalvarienberge der Bretagne befindet.
